AG „Für den Frieden“ kombiniert ihre Aktivitäten mit dem Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage.“ Diese internationale Initiative strebt eine antirassistische Bildungspraxis innerhalb der Institution Schule an. Sowohl die Buber-Rosenzweig-Medaille des Jahres 2001 als auch der Preis für Engagement und Zivilcourage des Bündnisses für Demokratie und Toleranz des Jahres 2004 honorieren die demokratische und die antirassistische Normierung der Kampagne „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Unter den Vorzeichen einer fundierten antirassistischen Theorie und einer bewussten politischen Position bietet das Projekt einen produktiven Ansatz für ein antirassistisches Engagement im Kontext der Institution Schule.
„Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” ist ein Qualitätssiegel. Ebenso wie Schulen, wenn sie sich für das Zusammenwachsen des europäischen Kontinents engagieren, den Titel einer Europaschule oder, wenn sie die Idee einer nachhaltigen Entwicklung favorisieren, den Titel einer Umweltschule erwerben können, ebenso können Schulen die Auszeichnung als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ erhalten. Schulintern wirkt sie als Bekenntnis und als Verpflichtung zu den Prinzipien der Menschenwürde und der Zivilcourage und im öffentlichen Diskurs fungiert sie als Katalysator einer humanen Zivilgesellschaft.
Ursprünglich stammt das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ aus Belgien. Dort schlossen sich 1988 SchülerInnen und LehrerInnen zusammen und gründeten „Ecoles sans Racisme“, um dem Erstarken des rassistischen „Vlaams Blok“ ihr Engagement entgegenzusetzen. Über das niederländische Koordinationsforum „School Zonder Racisme“ gelangt die Initiative 1995 in die BRD und in weitere europäische Staaten, z.B. nach Österreich, Frankreich, England und Spanien. Indem das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ die Jugend Europas unter der Leitidee einer menschenwürdigen Gesellschaft miteinander verbindet, kämpft es einerseits mit vereinten Kräften gegen Rassismus und Rechtsextremismus und befördert andererseits als grenzüberschreitende antirassistische Bewegung das Zusammenwachsen des europäischen Hauses.
„Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” ist eine Bewegung junger Menschen und kommt aus den Reihen der SchülerInnen. Eigeninitiative und Selbstbestimmung sind zentrale Prinzipien des Projekts, das die elitäre Machthierarchie und die autoritäre Handlungsbefugnis der Institution Schule durch demokratische Denk- und Handlungsstrukturen, aber auch durch eine gemeinschaftliche Verantwortung modifiziert. „Kein pädagogischer Zeigefinger wird erhoben, kein Lehrer diktiert einen Gedanken oder ein Verhalten, sondern jeder Einzelne ist gezwungen, selber nachzudenken und sich auseinander zu setzen.“1 Autonomie und Zuständigkeit der SchülerInnen konstituieren die demokratische Qualität des Projekts „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” und erweitern den demokratischen Horizont der Zivilgesellschaft.
Wenngleich „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” primär eine Initiative junger Menschen ist, so bedeutet dies gleichwohl nicht, dass es ein Projekt ohne Lehrerinnen und Lehrer ist. Ganz im Gegenteil ist es wichtig, den Kontakt zu ihnen herzustellen und sie zu einem politischen bzw. pädagogischen Engagement zu motivieren. Ihre fachliche Kompetenz, ihr Erfahrungsfundus sowie ihre langjährige Verweildauer an der Schule prädestinieren die LehrerInnen zu Projekt-PartnerInnen. Die Unterstützung von LehrerInnen intensiviert das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” ebenso wie die Kooperation mit weiteren MitarbeiterInnen der Schule und mit Eltern.
Ohnehin bedarf es der Mitwirkung sämtlicher Personen, die an einer Schule leben und arbeiten, um die Auszeichnung als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” zu bekommen. Einerseits müssen an der Schule Rassismus und Antirassismus in das Blickfeld aller Beteiligten rücken. Dazu dienen sämtliche Aktionen, Veranstaltungen und Projekte, die die Theorie und Praxis der Ungleichheit thematisieren und dagegen alternative Lebensmodelle vorstellen: Auslandspartnerschaften ebenso wie Projekttage und Diskussionsveranstaltungen. Andererseits müssen alle SchülerInnen, LehrerInnen und MitarbeiterInnen der Schule ihre antirassistische Einstellung explizit bekunden und öffentlich dokumentieren, dass ihre Schule eine „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” sein möchte. In einer Unterschriftenabstimmung müssen mindestens 70% aller Schulangehörigen sich zu den Grundsätzen einer „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ bekennen:
Selbstverständnis einer „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“
- Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu einer zentralen Aufgabe meiner Schule wird, nachhaltige und langfristige Projekte, Aktivitäten und Initiativen zu entwickeln, um Diskriminierungen, insbesondere Rassismus, zu überwinden.
- Wenn an meiner Schule Gewalt, diskriminierende Äußerungen oder Handlungen ausgeübt werden, wende ich mich dagegen und setze mich dafür ein, dass wir in einer offenen Auseinandersetzung mit diesem Problem gemeinsame Wege finden, zukünftig einander zu achten.
- Ich setze mich dafür ein, dass an meiner Schule ein Mal pro Jahr ein Projekt zum Thema Diskriminierungen durchgeführt wird, um langfristig gegen jede Form von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, vorzugehen.2
Die Erfüllung beider Bedingungen berechtigt die Schule zum Tragen des Titels einer „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Die Bundeskoordination des Projekts, die in den Händen von Aktion Courage liegt, verleiht offiziell den Titel an die Schule, indem sie das offizielle Schild mit dem Logo des Projekts überbringt, und arbeitet in der Folge mit der Schule zusammen. Unterstützung erhält die neue „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zudem durch einen Paten oder eine Patin ihrer Wahl. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, z.B. SportlerInnen, MusikerInnen, PolitikerInnen, die ebenfalls gegen Rassismus kämpfen und für eine demokratische Zivilgesellschaft eintreten, kooperieren in einer nachhaltigen Partnerschaft mit der Schule in der antirassistischen Praxis und setzen ihre öffentliche Reputation für die Vision einer humanen Gesellschaft ein.
Jede „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist Bestandteil des internationalen Netzwerkes, das auf bundesdeutscher und auf europäischer Ebene gemeinsam gegen jede Form des Rassismus arbeitet. In der BRD besteht zusätzlich zu direkten Arbeitsgemeinschaften der ausgezeichneten Schulen ein institutioneller Kooperationsrahmen aus der Bundeskoordination, den Landeskoordinationen sowie aus regionalen und überregionalen Kooperationspartnern. Das Kooperationsnetz bietet standortnah Beratung und Information für SchülerInnen, aber auch für PädagogInnen und MultiplikatorInnen an. In einem regelmäßigen Rhythmus eröffnen bundes- und landesweite Aktionstage den „Schulen ohne Rassismus – Schulen mit Courage“ die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und zur Verabredung neuer gemeinsamer Projekte, um durch die unmittelbare Kontinuität der antirassistischen Praxis die politische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit des Projekts zu gewährleisten. „Dem Ziel, eine Schule wirklich frei von Rassismus zu machen, können wir uns nur Schritt für Schritt annähern.“3 Das Selbstverständnis des Projekts verpflichtet jede „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ über die Titelverleihung hinaus Rassismus in jeder Form entgegenzutreten und für eine Welt der Menschenwürde, des Respekts und des Friedens einzutreten. Und das kann ja mit dem Anbringen eines Schilds am Eingang der Schule nicht zu Ende sein.“
Die KGS Rastede trägt seit Mai 2001 den Titel einer „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Zwischen September 2000 und Mai 2001 initiiert die AG „Für den Frieden“ die Titelverleihung an die Schule, deren Profil eine mehrdimensionale antirassistische Bildungsarbeit einschließt, z.B. mit dem „Bartholomäus-Schink-Preis“, dem „Lauf zum Momotombo“ und den Partnerschaften zu französischen, niederländischen, polnischen und US-amerikanischen Schulen. Die Rasteder Arbeitsgemeinschaft führt eine vielschichtige Aufklärungskampagne durch, die über Plakate, Informationsgespräche, Zeitungsartikel und ein Radiointerview alle Ebenen und Gremien der Schule sowie die Öffentlichkeit über das Projekt unterrichtet. In zwei Wahldurchgängen nominieren die SchülerInnen, LehrerIn-nen und MitarbeiterInnen der KGS Rastede ihre drei PatInnen: Sara Ruth Schumann (Jüdische Gemeinde zu Oldenburg), Romani Rose (Zentralrat Deutscher Sinti und Roma) und Flow In ImmO (Musiker). 84% der Schulangehörigen bestätigen in der schriftlichen Abstimmung die Grundsätze des Projekts „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ mit ihrer Unterschrift. Im Rahmen eines öffentlichen Projekttages verleiht die Bundeskoordination des Projekts am 23. Mai 2001 der KGS Rastede offiziell den Titel einer „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.
Mehr Informationen
Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage
Ahornstraße 5
10787 Berlin
Telefon: 030 / 214586 0
Fax: 030 / 21458620
Lesetips
- Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (Hrsg.): Handbuch. Sekundarstufe. Berlin 2003
- Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (Hrsg.): Handbuch. Grundstufe. Berlin 2004
- Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (Hrsg.): Themenheft: Rechtsextremismus und Musik. Berlin 2005
- Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (Hrsg.): Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage. Kinder und Jugendliche stärken demokratische Netzwerke. Berlin 2006
- Campino: Laudatio zur Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille an das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” am 4. März 2001 in Bremen. In: Bundeskoordination SOR – SMC. Aktion Courage e.V.: Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage. Start-Info. Berlin 2002. S. 3
- Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (Hrsg.): Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage. Kinder und Jugendliche stärken demokratische Netzwerke. Berlin 2006. S. 15
- Der Weg ist das Ziel. Schule ohne Rassismus. Bundeskoordination Aktion Courage – SOS Rassismus. Bonn 1998.. S. 5